220
Neueste Geschichte. 3. Periode. Oestreich.
weniger stürmisch gewesen als in Preußen, und das Bild, welches die im Juli zusammengetretene Reichsversammlung darbot, war insofern ein noch verworreneres als das der preußischen Nationalversammlung, weil in jener die verschiedensten Volksstämme unter' einander gemischt waren, und eine Menge Abgeordnete die deutsche Sprache gar nicht verstanden, in welcher sie über die künftige Reichsverfassung mitberathen sollten. Es versteht sich, daß dabei an geordnete Verhandlungen nicht zu denken war; noch dazu fand der Reichstag unter noch ungünstigeren Verhältnissen statt, als in Preußen. Abgesehen von dem Aufstande, welcher in Oestreichs Hauptstadt immer von neuem tobte, war in den italienischen Besitzungen der Krieg heftig entbrannt; Böhmen und Ungarn drohten sich von Oestreich loszureißen, und die Finanznoth des Staats war auf den höchsten Punkt gestiegen. In kurzer Zeit boten die Verhandlungen des Reichstages ein Bild der allgemeinen Verwirrung und Ratlosigkeit; die demokratischen Leidenschaften, welche die unteren Volksclassen aufregten, machten sich auch in der Versammlung geltend und die maßlosesten Anträge wurden an die Regierung gestellt. Unterdeß hatte das anarchische Treiben in Wien immer zugenommen. Je mehr die Arbeiter verarmten, desto williger liehen sie den Aufwieglern ihr Ohr. Durch Volksversammlungen, Flugblätter und Maueranschläge wurden sie täglich zu neuer Uuzuftieden-heit aufgereizt, und keine der sogenannten Sicherheitsbehörden, noch auch die neugeschaffene Nationalgarde hatte Kraft und Entschlossenheit, dem wilden Treiben entgegen zu treten. Nach und nach konnten denn die entfesselten Pöbelhaufen sich geradezu die Herrschaft über die Behörden anmaßen. Sie erzwangen die Zntheilung öffentlicher Arbeit für einen von ihnen selbst bestimmten Lohn, und als man diesen wegen der allgemeinen Geldbedrängniß herabsetzen wollte, entstand ein blutiger Aufruhr,(23. August), welchen die Bürger mit Mühe zu dämpfen vermochten, und welcher sich wenige Wochen darauf wiederholte. Die gefährlichste Erhebung aber sollte erst in Folge der ungarischen Ereignisse eintreten.
Der Banus Jellachich von Kroatien hatte sich schon seit längerer Zeit dem Gehorsam gegen das ungarische Ministerium, welchem er untergeordnet war, entzogen und wurde von den Magyaren bekriegt, von der östreichischen Regierung aber insgeheim unterstützt. Die Magyaren wandten sich deshalb an den Reichstag, ihre Deputation aber wurde abgewiesen. Durch aufgefangene Briefe überzeugten sich die Ungern, daß der Kriegsminister Latour mit dem
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung]]
TM Hauptwörter (200): [T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T67: [Preußen Bund Staat König Regierung Deutschland Verfassung Frankfurt Reichstag Bundestag], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen]]
Extrahierte Personennamen: Oestreich Oestreich August Banus_Jellachich_von_Kroatien Latour
452
Neueste Geschichte. 3. Periode.
vischen Bruderstämme vom Türkenjoche war ein ruheloses Ziel des panslavistischen Gedankens.
Wie bei den Anlässen zum Krimkriege ging auch jetzt der erste Anstoß von den Slaven der westlichen Grenzgebiete aus. Im Herbste 1874 war während eines Jahrmarktes in Podgoricza, einem Orte an der montenegrinischen Grenze, ein Türke getödtet worden und darüber ein heftiger Tumult entstanden. Die dort anwesenden Montenegriner wurden in dem Handgemenge von den zahlreicheren Türken erschlagen; auch noch in den nächsten Tagen fielen Ermordungen einiger Montenegriner und christlicher Unterthanen der Pforte vor. Diese Vorfälle verbreiteten weithin eine große Aufregung. Ein kleiner Anstoß, der weiter rollend zur Lawine anwuchs. Denn die Erbitterung steigerte sich durch das in Folge der schlechten Ernte herrschende Elend und die trotzdem nicht ruhende erbarmungslose Härte der Steuerpächter. Einige Monate hindurch wühlte diese Erbitterung fort; im Sommer 1875 brach der Aufstand in der' Herzegowina aus und verbreitete sich nach Bosnien. Alle Bemühungen der Gesandten von Oestreich, Deutschland und Rußland, den Aufstand beilegen zu helfen, blieben ohne Erfolg; ebenso vergeblich waren die Versprechungen der türkischen Regierung, dem unerträglichen Nothstände abzuhelfen. Man bot den Insurgenten eine Amnestie an, wenn sie die Waffen niederlegen würden, aber das Vertrauen auf die Zusage fehlte. Feierliche Verkündigungen, worin alle früheren Reformen neu bestätigt und neue Verheißungen hinzugefügt waren, ließen die Bevölkerung der aufständischen Gegenden gleichgiltig, denn man kannte die Werthlosigkeit solcher Zusagen; ohne eine sichernde Garantie wollten sich die Insurgenten auf diese Verheißungen nicht einlassen. Andrerseits fingen die türkischen Bewohner des Landes an, über diese Unruhe und über die nnnöthigen Umstände, die mit den Christen gemacht wurden, mißmuthig zu werden. Die Hoffnung auf eine friedliche Beruhigung des Aufstandes mußte aufgegeben werden; die türkische Regierung ordnete die Bewaffnung aller Muhamedaner in Bosnien an, und in Albanien wurden türkische Truppen zusammengezogen, welche im Mai 1876 den Kampf mit den Insurgenten begannen. Bald waren dieselben in das Gebirge zurückgedrängt, und nun traten deutlichere Ziele der'bewegung hervor: man sprach in der Herzegowina den Entschluß aus, sich an Montenegro, in Bosnien sich an Serbien anzuschließen.
Immer weiter griff die Bewegung um sich. In Bulgarien
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan]]
TM Hauptwörter (200): [T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen], T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen]]
Extrahierte Personennamen: Oestreich
Extrahierte Ortsnamen: Podgoricza Bosnien Deutschland Bosnien Albanien Montenegro Bosnien Serbien
Der russisch-türkische Krieg 1877/78. Der Friede zu Berlin. 459
Volke, führte sein Land mit Kraft und Besonnenheit durch alle Bedenken und Hindernisse hindurch. Rumänien proclamirte am
21. Mai seine Unabhängigkeit; vorher schon hatte es eine Convention mit Rußland abgeschlossen. Ihr folgte am 2. Juli ein russisch-rumänisches Bündniß und bk Theilnahme Rumäniens am Kriege gegen die Türkei.
Das nächste Ziel der Russen war der Uebergang über die Donau, welchen die Türken durch eine starke Flotille zu verhindern suchten. Hier ereigneten sich die ersten ernsthaften Kämpfe. Bei Braila wurde am 11. Mai eine türkische Dampscorvette aus den russischen Userbatterien getroffen und flog, in die Luft; am 26. Mai sprengten zwei russische Osficiere durch einen mit List und Verwegenheit an den größten Donau-Monitor befestigten Torpedo dieses Schiff mit seiner ganzen Besatzung in die Luft. Am
22. Juni endlich gingen russische Heeresabtheilungen bei Galatz und am 27. bei Sistowa über den Strom. Nikopolis wurde bombardirt und mußte am 15. Juli kapituliren.
Eine genügende Sicherung Bulgariens und der dortigen Balkanübergänge war mit schwer sich bestrafender Sorglosigkeit von den Türken versäumt worden. Die Russen benutzten diesen Fehler; sie ließen sich dadurch sogar selbst zu sorglosem Vorgehen verleiten. General Gurko besetzte am 7. Juli die alte Bulgaren-Hauptstadt Tiruowa und machte üm 13. mit 15,000 Mann einen raschen Vorstoß über den Balkan. Von den unbewachten Höhen stiegen sie am Südabhange hinab und besetzten Kasanlyk und den Schipka-paß. Der Schrecken durchfuhr das Land bis Adrianopel hin, selbst in Constantinopel machte dieses vevwegene Eindringen der Russen in Rumelieu einen gewaltigen Eindruck. Suleymau Pascha erhielt den Oberbefehl im Süden des Balkan, Mehmed Ali in Bulgarien.
Ein dritter türkischer Kriegsheld, Osman Pascha, begann in denselben Tagen seine ruhmvolle Thätigkeit. Er war von Widdin vorsichtig und unbemerkt am südlichen Donauufer herabgezogen, um Nikopolis zu entsetzen. Hier kam er zu spät, aber mit genialem Feldherrnblick setzte er sich in dem naheliegenden Plewua fest, die Donau-Uebergänge im Auge und andrerseits dem Feinde den Weg in den Westen des Reiches verlegend. Mit bewunderungswürdiger Thätigkeit vermehrte und organisirte er seine Armee und schuf Plewna zu einer nnbezwinglichen Festung um.
Es war unmöglich, die türkische Armee im Besitz dieser Stellung zu lassen, durch welche die russischen Operationen so
TM Hauptwörter (50): [T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht]]
TM Hauptwörter (200): [T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen], T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff], T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter]]
466 Neueste Geschichte. 3. Periode.
Kaiserthums, in Conftantinopel seine Flügel entfalten! Aber der Friede von St. Stefano schlug in ernüchternder Wirklichkeit diese Hoffnungen nieder. Rußland erhielt eine Gebietserweiterung in Armenien; in Europa fiel ihm die Dobrudscha zu, welche gegen das rumänische Bessarabien umgetauscht wurde. Montenegro, Serbien und Rumänien wurden unabhängig, und ein Fürstenthum Bulgarien wurde errichtet, welches südwärts bis zum ägäischen Meere hinabreichend die östlichen und die westlichen Provinzen der europäischen Türkei trennen sollte.
Das russische Volk war von diesem Ausgange seiner Erwartungen nicht befriedigt, und doch sollte selbst dieser Friedensvertrag noch mehr eingeschränkt werden. England verlangte die Genehmigung aller Mächte zu den Abmachungen von St. Stefano; ohne die Zustimmung der Mächte, welche den Pariser Frieden von 1856 unterzeichnet hatten, dürften Rußland und die Türkei keinen Friedensvertrag schließen. Die englische Flotte lag vor Conftantinopel, bis aus Indien wurden englische Truppen herbeigerufen; Rußland weigerte sich, dem Verlangen Englands nachzugeben. Ein neues, gewaltiges Kriegsfeuer in Europa drohte sich zu entzünden. Da vermittelte die deutsche Regierung eine Verständigung zwischen den gegnerischen Mächten; Rußland willigte in die Vorlegung des Friedens. Der östreichische Minister Graf Andrassy, hatte die Abhaltung eines Congresses zur Regelung der orientalischen Angelegenheiten vorgeschlagen. Dieser Congreß trat am 13. Juni 1878 in Berlin zusammen; seine Verhandlungen unter dem Vorsitze des Fürsten Bismarck führten zur bedeutungsvollen Einigung der europäischen Mächte, und am 13. Juli wurde der Berliner Frieden von allen abgeschlossen. Seine wichtigsten Feststellungen sind folgende: Bulgarien wird ein selbständiges, tributpflichtiges Fürstenthum unter der Souveränem des Sultans, sein Gebiet reicht jedoch nicht bis zum ägäischen Meere, um die Trennung der türkischen Provinzen zu vermeiden. Zu ihrem Fürsten haben die Bulgaren am 29. April 1879 den Prinzen Alexander von Battenberg gewählt. — Die Provinz Ost-Rumelien bekommt selbständige Verwaltung und einen christlichen General-Gouverneur. — Bosnien und die Herzegowina sollen von Oestreich besetzt und verwaltet werden. Montenegro und Serbien werden unabhängig und erhalten eine Vergrößerung ihres Gebietes. Auch Rumänien wird unabhängig, tritt seinen Theil von Bessarabien an Rußland ab und erhält die Dobrudscha. Alle Festungen an der Donau, vom eisernen Thor bei Orsowa bis zur
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
TM Hauptwörter (100): [T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen], T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland], T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen], T20: [Indus Stadt Ganges Gang Hauptstadt Land Siam Indien Fluß Strom], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen]]
Extrahierte Personennamen: Stefano Stefano Graf_Andrassy Alexander_von_Battenberg Alexander Oestreich
Extrahierte Ortsnamen: Conftantinopel Armenien Europa Montenegro Serbien Bulgarien England Indien Englands Europa Berlin Bosnien Montenegro Serbien Donau Orsowa
210
Neueste Geschichte. 3. Periode. Deutschland.
brauch. In der Presse und in Versammlungen wurden die aufreizendsten revolutionären und demokratischen Lehren verkündigt, und die Studenten mit der in der Eile gebildeten Bürgerwehr vermochten die heraufbeschworene Flnth nicht zu beherrschen. Lange Zeit hindurch gab die östreichische Hauptstadt das Bild der vollkommensten Gesetzlosigkeit. Der neugebildete Ministerrath wollte den zu berufenden Ständen des Reichs eine neue Verfassung zur Berathung vorlegen, aber die Demagogen wollten von den alten Ständen nichts wissen und erregten am 15. Mai einen neuen Aufstand, in Folge dessen die Einberufung eines constituirenden Reichstags (ohne Scheidung der Stände in besondern Kammern) zugestanden wurde. Der Kaiser begab sich jedoch nach diesen Vorgängen heimlich nach Innsbruck, wodurch ein Theil der Wiener Bevölkerung, noch größere Umwälzungen befürchtend, in große Bestürzung versetzt wurde. Man suchte nun dem Fortgang der Revolution Einhalt zu thun und wollte die Studentenlegion, welche alles beherrschte, auflösen, wozu die Aula mit Militär umgeben wurde. Darüber entstand ein nochmaliger Aufstand (26. Mai). Tag und Nacht wurden die Straßen mit Barricaden abgesperrt, bis man sich dahin einigte, einen aus Nationalgarde, Bürgern und Studenten bestehenden Sicherheitsausschuß zu errichten. Am 22. Juli wurde die Nationalversammlung feierlich eröffnet, auf deren wiederholte Bitten der Kaiser am 12. August nach Wien zurückkehrte und unter dem Jubel des Volks seinen Einzug hielt.
Aber nicht bloß in der Hauptstadt hatte die östreichische Regierung mit der Revolution zu kämpfen; ihr schienen viel größere Gefahren in dem vorbereiteten Abfall der Nationen zu drohen, welche außerhalb Deutschlands unter dem kaiserlichen Scepter vereinigt waren. Während die Italiener und bald auch die Ungern sich zu einem Kampf für ihre nationale Unabhängigkeit erhoben, versuchten auch die Slaven gleichen Vortheil aus der Bedrängniß des Kaiserhauses zu ziehen. Schon in den vorhergegangenen Jahren hatte man unter allen Völkern slavischen Stamms die Sehnsucht nach einer gemeinsamen Erhebung genährt, und jetzt trat in Prag ein Slavencongreß aus Böhmen (Czechen), Polen, Kroaten, Slowaken, Serben u. a. zusammen, und in Folge der hier erhaltenen Anregung erhoben sich die Czechen in Böhmen, um durch einen Handstreich die Herrschaft an sich zu reißen. Aber der kaiserliche Befehlshaber, Fürst Windischgrätz, dessen Gemahlin von den
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen], T26: [Kaiser Luther Papst König Wort Gott Tag Sache Fürst Schrift], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: August Fürst_Windischgrätz
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Wien Deutschlands Prag Polen
1866 bis 1870. Oestreich.
381
Beziehungen zu Deutschland hatte er aufgeben müssen, und Vene-tien, das letzte Besitzthum in Italien, hatte er aus eigenem Entschlüsse von sich gethan. Der hohe Anspruch, die Geschicke zweier großen Nationen, wenn nicht zu lenken, doch zu überwachen, war verloren, und mit ihm, wie es schien, ein bedeutender Theil der Macht und des Ansehens in Europa. Aber dies war in der That mehr scheinbar als wirklich. Oestreich hatte aus jener äußeren Machtstellung kaum einen reellen Machtzuwachs gezogen, es hatte im Gegentheil einen erheblichen Theil seiner eigenen Kraft auf die Behauptung jener Stellung verwendet. Jedenfalls mußte nach den Friedensschlüssen von 1866 die östreichische Regierung sich auf die eigenen Staatsverhältnisse zurückziehen und in der Entfaltung der reichen Hülfsmittel seiner Kraft die Grundlagen ihrer neuen Machtstellung finden. Die nächste Aufgabe war eine feste Entscheidung darüber, ob Oestreich als einheitlicher Kaiserstaat oder als Oestreich-Ungarn weiter bestehen sollte. Kaiser Franz Joseph hatte den bisherigen sächsischen Minister v. Beust an die Spitze seiner Regierung gestellt. Es wurde nun die einheitliche Regierung aufgegeben und, um durch einen Ausgleich mit Ungarn innere Festigkeit zu gewinnen, die östreichische Monarchie in zwei Hälften getrennt, diesseits und jenseits der Leitha, *) Cisleithanien und Translei-thanien, d. H. der Kaiserstaat Oestreich und das Königreich Ungarn. Beide Theile waren fortan nur durch das gemeinsame Oberhaupt (Personalunion) und durch das gemeinsame Heer verbunden. Jeder Theil erhielt sein eigenes Ministerium, über welchen dann ein Reichsministerium stand. Am 8. Juni 1867 ließ sich Kaiser Franz Joseph zu Ofen als König von Ungarn krönen. Darauf wurde am 21. December die revidirte Februarverfassung wieder hergestellt. Die Ungarn hatten das vornehmste Ziel ihrer Wünsche erreicht; in Böhmen aber und auch in Galizien regten sich nun ähnliche Forderungen nach abgesonderter Landesverwaltung und eignen Ministerien. In Prag verlangte man sogar die Erneuerung des Königreichs Böhmen. Die Regierung in Wien hatte mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen, um diese Bewegungen, zu denen sich in Böhmen ein heftig ausbrechender Haß der Tschechen gegen die Deutschen gesellte, niederzuhalten und den Zusammenhang des cisleithanischen Reiches zu bewahren. Eine andre Bewegung in kirchlicher Rich-
*) Die Leitha ist ein kleiner Nebenfluß der Donau, welcher auf den östreichischen Alpen entspringt, an Neustadt vorüberfließt und in Ungarn mündet.
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen], T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T9: [Frieden Napoleon Krieg Kaiser Frankreich Friede Preußen Rußland Jahr Franz]]
Extrahierte Personennamen: Oestreich Oestreich Oestreich Franz_Joseph Franz Oestreich Franz_Joseph Franz
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Italien Europa Ungarn Leitha Ungarn Ungarn Ungarn Galizien Prag Wien Donau Ungarn
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T10: [Sachsen Karl Franken König Land Jahr Chlodwig Reich Krieg Volk], T187: [Religion Christus Christ Christentum Zeit Jahr Volk Christenthum Heide Geburt], T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung]]
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Niederrheine Frankreich Deutschland Hannover Sachsen Nordsee Schwaben Baiern Deutschland Pommern Brandenburg Sachsen Deutschland
54
Gebirgen und Hügelzügen bedeckt ist. Nur der nörd-
liche Theil an den Ufern der Donau bildet eine Tief-
ebene, welche mit der osteuropäischen zusammenhängt.
Das Klima dieser Länder gehört im Ganzen zu den
schönsten in Europa. Der Sommer ist im Allgemeinen
heiß; der Winter unbedeutend im Süden, verhältuiß-
mäßig kalt im Norden.
Gebirge. — Im N.-W., im österreichischen
Dalmatien, beginnt das Hauptgebirge, welches sich,
als dinarische Alpen, längs der adriatischen Küste
nach S. zieht. Ungefähr in der Mittlern Länge, wo
das Gebirge seinen höchsten Punkt erreicht, verzweigt
es sich unter verschiedenen Namen. Die nach S.
ziehende Kette heißt im nördlichen Theile das Boras-,
und an der südlichen Spitze, das Pindusgebirge; der
östliche Zug, dem schwarzen Meere zu, ist der Balkan
oder Hämns.
Flüsse. — Der Hauptfluß der Halbinsel ist die
Donau mit den Nebenflüssen Sau (Save), an der
österreichischen, und Prnth, an der russischen Grenze.
Zahlreiche Küstenflüsse ergießen sich in die angren-
zenden Meere.
Produkte. — Das Mineralreich enthält nicht
unbedeutende Schätze, allein der Bergbau ist veruach-
lässigt.
Die Vegetation gleicht im Allgemeinen der italie-
nischen.
In Hinsicht der Industrie und des Kunstfleißes
kommen diese Länder dem übrigen Europa nicht gleich.
a) Türkei.
535,000 Quadrat-Kilom. 15,500,000 Einw.
Städte. — Constantinopel (Byzanz) (600,000
E.), Residenz des Sultans, in einer herrlichen Lage am
TM Hauptwörter (50): [T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
TM Hauptwörter (100): [T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter], T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T193: [Meer Halbinsel Gebirge Norden Süden Osten Westen Küste Insel Europa], T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen], T83: [Klima Winter Sommer Land Meer Wind Regen Niederschlag Zone Gebirge], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau]]
Extrahierte Ortsnamen: Donau Europa Dalmatien Boras- Donau Europa Constantinopel Byzanz
38
Städte. — Bern (36,000 E.), an der Aar, Sitz
des Bundesrathes. — Basel (45,000 E.), am Rhein,
wichtigste Handelsstadt der Schweiz. — Zürich
(21,000 E.), am gleichnamigen See, lebhafter Handels-
verkehr mit Italien. — Lausanne (27,000 E.), in
herrlicher Lage unweit des Genser-Sees. — Genf
(Geneve) (47,000 E.) au der Rhone und am Genfer^
See, die größte und gewerblichste Stadt der Schweiz.
7. Die Oesterreichisch-Nngarische Monarchie.
624,191 Quadrat-Kilom. 39,000,000 Einw.
Grenzen.— Oesterreich wird von Deutschland,
Rußland (Polen), der Türkei, dem adriatischen Meere,
Italien und der Schweiz begrenzt.
Bodensorm und Klima. — Der Boden-
gestaltung nach, zeigt das ganze Reich die größte
Mannigfaltigkeit, doch ist es vorwiegend gebirgig;
nur Ungarn und das nördliche Galizien bilden nnab-
sehbare Ebenen.
Das Klima ist natürlich nach der Beschaffenheit der
Länder und besonders nach der Höhe über dem Meeres-
spiegel sehr verschieden: im südlichen Theile ist es mild,
selbst heiß, in der nördlichen Hälfte gemäßigt.
Gebirge. — Drei Hauptgebirge durchziehen das
Land: 1) Die Ost-Alpen (Orteles oder Orteler
3900 M., Groß-Glockner 3800 M.); 2) die Kar-
pathen, welche den nördlichen und östlichen Theil
von Ungarn begrenzen und durchziehen ; 3) das Böh -
misch-Mährische Gebirge.
Flüsse. —• Der Hauptfluß ist die Donau, mit
Leitha, Raab, Drau und Sau (Save) rechts, mit der
March und Theiß links.
Die Elbe (im Oberlauf), mit Moldau liuks.
Die Weichsel, die Oder, die Etsch und der
TM Hauptwörter (50): [T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
TM Hauptwörter (100): [T93: [Alpen See Schweiz Rhein Berg Bodensee Fuß Italien Schweizer Paß], T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde], T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter]]
TM Hauptwörter (200): [T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen], T90: [Alpen See Schweiz Inn Rhein Bodensee Gotthard Paß Rhone Italien], T83: [Klima Winter Sommer Land Meer Wind Regen Niederschlag Zone Gebirge], T68: [Schweiz Zürich Kanton Bern See Stadt Genf Basel Schweizer Schwyz], T139: [Donau Rhein Main Tiefebene Teil Jura Alpen Tiefland Gebiet Fluß]]
Extrahierte Personennamen: Raab
Extrahierte Ortsnamen: Basel Rhein Italien Lausanne Genf Genfer^
See Schweiz Oesterreich Deutschland Polen Italien Ungarn Galizien Ungarn Donau
40
nauufer. — Tokay, im Weingebirge der Hegyallya,
welches den berühmtesten unter allen Ungarweinen,
den Tokayer, erzeugt.
B. Nord-Europa.
1. Das Königreich Großbritannien.
314,950 Quadrat-Kilom. 32,132,000 Einw.
Großbritannien , jenseit der Meerenge von
Calais gelegen, besteht aus zwei großen und mehreren
kleinen Inseln.
Grenzen. — Sie sind umflossen im N. und W.
vom atlantischen Oeean, im S. vom Kanal, La Manche,
im O. von der Nordsee.
Die größte dieser Inseln besteht aus zwei Theilen:
England, welches (mit dem Fürsteuthum Wales)
sich über den südlichen breiten Theil erstreckt, und
Schottland, welches den nördlichen schmalen Theil
einnimmt. Die westliche kleinere Insel heißt Irland.
Beide Inseln sind durch die irische See getrennt.
Bodenform und Klima. — Schottland hat
vorherrschend Gebirgscharakter, dagegen trifft man
nur im N. und im W. von England Gebirgsgegenden
an; das östliche, größere Gebiet ist wellenförmiges
Hügelland mit Tieflandszuugeu in der Nähe der
Küsten.
Was Irland anbelangt, so ist das Innere größten-
theils flaches, sumpfiges, häufig mit Seen bedecktes
Tiefland. An den Rändern erheben sich mehrere zum
Theil isolirte oder von einander getrennte Berg-
gruppeu. Das Klima ist ein oceanisches; mild, gleich-
mäßig, warm und feucht.
Gebirge. — Die bedeutendsten Gebirge sind : das
Gebirge von Wales (Hals) im W., das Peak- (Pihk)
TM Hauptwörter (50): [T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
TM Hauptwörter (100): [T62: [Insel Stadt Hafen England Hauptstadt Einw. See London Handel Schottland], T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde]]
TM Hauptwörter (200): [T193: [Meer Halbinsel Gebirge Norden Süden Osten Westen Küste Insel Europa], T86: [Insel England Irland Schottland Kolonie Hafen Stadt Küste Hauptstadt Kamerun], T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen], T83: [Klima Winter Sommer Land Meer Wind Regen Niederschlag Zone Gebirge], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe]]
Extrahierte Ortsnamen: Hegyallya Nord-Europa Nordsee England Wales Schottland Irland Schottland England Irland Wales